Aus der Vergangenheit der Schützenbruderschaft
Die Entstehung der Schützenbruderschaften geht in die Vorzeit zurück. Sie haben sich aus der Not der damaligen Zeit innerhalb der Bürgerschaft gebildet. Als man im Mittelalter, im 11. Und 12. Jahrhundert zur Gründung von Städten schritt und als man dann die Städte zum Schutze gegen äußere Feinde mit festen Mauern, Türmen und Toren versah, da schlossen sich wehrhafte Bürger zu Schützengilden und Schützenbruderschaften zusammen, um im Falle eines Angriffs die Stadt zu verteidigen. Demzufolge übten sich die Schützen in den Kriegskünsten zunächst mit Pfeil und Bogen, später dann mit der Armbrust und in den letzten Jahrhunderten mit der Büchse. So bildeten die Schützengilden bereits damals in der Vorzeit mangels eines stehenden Heeres eine Art Bürgerwehr, die sich vorzüglich bewährte und in hohem Ansehen stand. Im 15. Jahrhundert stellten sich die Schützengilden in den Dienst der Kirche und traten als Beschützer heimischer Prozessionen auf. Aus dieser Zeit ist bekannt, dass sich diese Schützengilden in der Regel einen Heiligen als Schutzpatron wählten. Eigene Fahnen wurden angefertigt, auch Statuten entstanden.
In späteren Zeiten hatten die Schützenbruderschaften dann nur noch festliche und sportliche Aufgaben. Nach der Reformationszeit, in der unser Volk in so unseliger Weise zerklüftet und in verschiedene Lager getrennt wurde, schwand leider auch die Beteiligung der Schützengilden an denkirchlichen Veranstaltungen mehr und mehr. Als sich die Bruderschaften ihres wehrpflichtigen Charakters entkleidet sahen, wanderten sie auf das platte Land, in unsere Bauerndörfer, die ja unbefestigt und wehrlos waren.
Im Jahre 1826 erhielt unser Ort seine Schützenbruderschaft. Die Männerfahne zeigt St. Petrus, die Jünglingsfahne St.Hubertus im Bilde. Diese beiden Fahnen waren kirchlich geweiht. Jedes männliche Gemeindemitglied musste mit vollendetem 18. Lebensjahre der Bruderschaft beitreten. Trat der junge Mann nicht ein in die Bruderschaft, konnte und durfte er an den Veranstaltungen nicht teilnehmen. Das alljährliche Schützenfest wurde an dem Festtag von Peter und Paul (29. Juni) gefeiert. Später dann wurde es auf den ersten Sonntag nach dem 29. Juni verlegt.
Am Vorabend des Festes wurde im feierlichen Zuge der aus Holz geschnitzte Vogel auf die Stange gesetzt und der Pastor feierlich zum Schützenfest eingeladen. Hieran schloss sich die Generalversammlung mit Konzert im Schützenzelt. Am Sonntagmorgen nahm die Schützenbruderschaft geschlossen am feierlichen Hochamt in der St.-Andreas-Pfarrkirche teil, nachdem vorher der Schützenkönig und die beiden Fähnriche abgeholt worden waren. Nach dem Hochamt trat die Bruderschaft vor der Kirche an, präsentierte vor dem Pastor und geleitete ihn im feierlichen Zuge unter Teilnahme der ganzen Bevölkerung zum Pastorat. Hieran schloss sich der Frühschoppen mit Konzert im Schützenzelt. Am Sonntagmorgen fand der feierliche Festzug in unseren Straßen statt, woran sich im Schützenzelt der Tanz anschloss. Das Seelenamt für die verstorbenen Schützenbrüder wurde am Montagmorgen in der Pfarrkirche gehalten. Gegen 9.00Uhr war dann Abmarsch zur Vogelstange, wo Vogel und Geck abgeschossen wurden, zunächst von mehreren Schützen mit Dauergewehrfeuer und sobald der hölzerne Vogel stark zerfetzt worden war, wurde nach namentlichem Aufruf der Schützen geschossen. Man nannte das kurz „Nach Nummern schießen“. Die Königswürde erlangte derjenige, wer den letzten Rest des Vogels von der Stange geschossen hatte. Nun wurde der Geck – ein hölzerner Hampelmann – abgeschossen, der an einer Querstange, etwa 1 bis 2 Meter unterhalb des Vogels festgemacht war. Dem erfolgreichen Schützen des Gecks standen jedoch nicht die königlichen Ehren und Würden zu wie dem Schützenkönig, der den Vogel von der Stange geschossen hatte. Der Geck war mehr eine humoristische Figur, mit dem seine Freunde und Verwandten Scherze privater Natur im Umzug trieben.
Der alte Schützenkönig übergab die Insignien seiner Würde im feierlichen Akt dem neuen König, der nun inthronisiert wurde. Die alten Vorstandsmitglieder übergaben ihre Rangabzeichen den neugewählten Nachfolgern. Dann marschierte man zum Pastorat und brachten den neuen König und die neuen Fähnriche nach Hause. So gegen 4.00 Uhr am Montagnachmittag trat der gesamte Vorstand mit Fahnen im Schützenzelt an, marschierte zur Wohnung des Königs und holte ihn zum weiteren Festgeschehen ab, bis der Festball am frühen Morgen des Dienstag sein Ende fand.
Gefeiert wurde in einem Schützenzelt, bestehend aus einem Holzgerüst. Es stand neben der Hauptstraße im Baumhof des Pastorats, war 90 Fuß lang und 40 Fuß breit. Das Dachlaken war von der RamsbeckerS chützengesellschaft geliehen. Das Holzwerk am Zelt kostete einschließlich Arbeitslohn 60 bis 70 Thaler. Der Pastor erhielt an Pacht vom Platze 5 Thaler. Das Musikkorps Franz Förster aus Lengenfeld/Eichsfeld war 6 Instrumente und 2Trommelschläger stark und erhielt 56 Thaler aus der Schützenkasse.
Der Gelagsbeitrag betrug pro Kopf 2 Thaler. Auf das Fest des Jahres, das Schützenfest, freuten sich alle großen und kleinen Velmeder. Es war das einzige Volksfest des Jahres. Nach den Aufzeichnungen aus dem Jahre 1865/67 wurde das Schützenfestbier von Theodor Ortmann aus Meschede geliefert. Alle Lieben, nämlich Mann und Frau, Braut und Bräutigam, Nachbarn, Bekannte und gute Freunde hatten sich schon damals zusammengefunden, hatten ihre täglichen Sorgen zu Hause gelassen und ihr heiteres, festliches Gesicht mitgebracht. Die Altväter gruppierten sich zur scherzhaften Unterhaltung und jeder wählte die Gesellschaft, die ihm besonders zusagte. Zu erwähnen wäre hier noch der enorme Besucher-Zustrom aus den Nachbargemeinden. Leider ist auch von Auswüchsen zu berichten, in dem man die Nachfeiern ausdehnte, wobei dann alkoholische Auswirkungen schlimmster Arteintraten.
Im Jahre 1891 baute man eine feste Halle, und zwar gegenüber dem Pastorat. Über dem Eingang prangte der Spruch: „Eintracht und Frohsinn“, fürwahr aufrichtig zutreffend für alle Beteiligten.
Im Jahre 1928, also nach 37 Jahren, wurde am östlichen Ortsausgang unseres Dorfes – im sogenannten Schacht – eine schöne und großzügige Schützenhalle gebaut. Die romantisch gelegene Vogelstange wurde vom Föckinghauser Weg in die Nähe der neuen Festhalle – am Galgen – verlegt.
Schon lange ist es der sehnlichste Wunsch der Schützenbrüder gewesen, eine neue Halle zu besitzen. Dieser Wunsch wurde im Jahre 1932 endlich Wirklichkeit. Nachdem die Wiedervereinigung des Bestwiger Schützenvereins in die Velmeder Schützenbruderschaft in der letzten Generalversammlung vorgenommen wurde, kam als einziger Platz für eine neue Halle nur das neben dem Velmeder Sportplatz gelegene Grundstück in Frage. Dieser Platz wurde von der politischen Gemeinde kostenlos gestellt. Das Bauholz der Halle wurde zum Teil von Pfarrer Allebrodt unentgeltlich geliefert. Ebenso wurden in lobenswerter Weise die Spanndienste von den Landwirten der Gemeinde kostenlos ausgeführt…
Nur 17 Jahre hat diese schöne Schützenfesthalle gestanden, bis sie beim Einmarsch der Amerikaner im Jahre 1945 abbrannte. Aber hier durch nicht entmutigt, konnte sofort mit dem Bau der jetzigen Schützenhalle begonnen werden; auch sie trägt wieder den Leitspruch wie ihre Vorgänger: „Eintracht und Frohsinn“.
(Quelle: Aus der Geschichte des Kirchspiels Velmede, I. Chronik der Schützenbruderschaft 1826 St. Andreas Velmede-Bestwig)